Wertewandel in der Zeitenwende – Wandlungsfähigkeit ist gefragt

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Wertewandel auf dem Weg in die neue Zeit

Wandel oder Beständigkeit? Diese beiden Pole tauchen in meinem Leben immer wieder auf. In der aktuellen Zeitenwende geht es für uns alle mehr denn je um Anpassungsfähigkeit und Flexibilität. In unserer Gesellschaft wird jedoch die Beständigkeit immer noch sehr hoch bewertet. Höher als der Wandel oder die Veränderung.

Beständigkeit wird uns von klein auf als Tugend vermittelt, als ein erstrebenswertes Ziel, ein wichtiger Wert. Für die Generationen vor uns war es das sicherlich auch. Ich höre immer noch die Worte meiner Oma, die über meinen beruflichen Weg und meine Entwicklung den Kopf schüttelte und immer wieder seufzte:

„Ach Kind, wärst Du doch bei der Sparkasse geblieben..!“

Wie stark diese Prägungen immer noch wirken, stelle ich an meinem eigenen Leben und meinem Umfeld fest. Es wird suggeriert, dass Wandel gleichbedeutend ist mit Unbeständigkeit und Ziellosigkeit. Sich dahin treiben lassen, sich verändern wird negativ bewertet. Ausdruck dieser Einstellung sind bekannte Sätze wie:

„Da weißt Du, was Du hast.“

„Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach.“

Sie zeigen das stark verankerte Sicherheitsbedürfnis, das häufig jedoch unserer gesunden Weiterentwicklung im Wege steht. Es ist motiviert durch Unsicherheit. Die Ungewissheit, die mit Wandel und Veränderungsprozessen unweigerlich einher geht, wird als Risiko empfunden.

Veränderung macht Angst. Wie viele Menschen halten an etwas fest, das sich vielleicht gar nicht (mehr) gut anfühlt? Aus Angst, denn man weiß ja nicht, was kommt…

In Bezug auf mein eigenes Leben begegnen mir immer wieder Aussagen wie: „Na dann hoffen wir mal, dass es so bleibt.“ oder „Vielleicht ist es DAS ja jetzt mal…“ Ein Freund sagte kürzlich zu mir:

„Ich wünsche Dir, dass Du mal irgendwo ankommst.“

Ja, früher habe ich das auch immer geglaubt, dass es im Leben darum geht, irgendwo oder bei irgendwem anzukommen. Dieser Glaube war so stark, dass er mich vor einigen Jahren in meine bisher größte Krise geführt hat. Da ich meinte, unbedingt ankommen zu müssen, hielt ich krampfhaft an einer ungesunden Beziehung und ungesunden Lebensumständen fest, bis sie mich krank machten und an meine Grenzen führten. Dieses Szenario wiederholte sich in abgeschwächter Form noch zweimal, bis ich die Botschaft endlich verstand. Über Beständigkeit und den hieran geknüpften Wert einer Beziehung habe ich vor einiger Zeit bereits geschrieben. Den Artikel findet Ihr hier.

Ankommen als Ziel?

Ja, aber nicht im Außen, sondern bei uns selbst. Es geht nicht darum, im Leben irgendwo im Außen – an einem bestimmten Wohnort, in einem Beruf oder einer Partnerschaft – anzukommen, denn das Leben ist ein Weg. Ein Weg des Wandels, des Wachstums, der Entwicklung und der Veränderung. Wohin er uns führt, darüber gehen die Meinungen auseinander. Für mich führt er uns zu uns selbst, zu unserer göttlichen Essenz, zu Erkenntnis und Erwachen. Feststeht jedenfalls, dass es ein Irrglaube ist, wir würden irgendwann an einem Punkt ankommen, an dem alles erreicht ist, alles so bleibt, wie es ist. Das wäre auch traurig, denn es würde schließlich Stillstand bedeuten…das Ende.

Das Leben an sich IST die Veränderung.

Es ist steter Wandel, ganz natürlich und nicht von uns gemacht. Festhalten steht dem Fluss und der natürlichen Entwicklung entgegen. Widerstand gegen Veränderung bedeutet Stillstand. Und das ist nicht im Sinne der Natur. Wir sollen uns weiterentwickeln, weiter gehen auf unserem Weg und wachsen. Wie die Natur, die sich stetig verändert. Pflanzen wachsen, werfen im Winter ihre Blätter ab, um sich im Frühjahr zu erneuern und im Sommer neu zu erblühen, im Herbst Früchte zu tragen usw…

Warum wird Wandel und die Veränderung also in unserer Gesellschaft immer noch als negativ bewertet im Vergleich zur Beständigkeit? Beständigkeit wird gleichgesetzt mit Sicherheit, Wandel oder Veränderung hingegen mit Ungewissheit. Ungewissheit steht für die meisten Menschen für Risiko. Aber ist es nicht eine Frage der Einstellung? Ungewissheit kann genauso auch etwas Positives bedeuten. In der Ungewissheit sind die Überraschungen und Geschenke des Lebens enthalten. Um sich dem zu öffnen, braucht es Vertrauen und Hingabe. Vertrauen ins Leben. Und Mut, neue Wege zu gehen. Mut zur Veränderung.

Für mich muss nicht alles so bleiben, wie es ist. Im Gegenteil, ich liebe es (mittlerweile), mich dem Strom des Lebens hinzugeben, mich mit ihm weiterzuentwickeln. Das, was heute stimmig ist, muss es morgen nicht mehr sein.

Je mehr wir im Jetzt leben, im gegenwärtigen Augenblick, umso bedeutungsloser wird die Beständigkeit.

Wir müssen nichts mehr festhalten, nichts mehr bewerten, wenn es uns gelingt, uns dem Leben im Vertrauen hinzugeben und achtsam anzunehmen, was ist. Ohne Bewertung und ohne Angst vor dem stetigen Wandel.

Lasst uns mit dem Leben fließen, uns den sich verändernden Umständen anpassen und uns immer wieder neu erfinden! Das ist Lebendigkeit! Und dafür sind wir hier!

Mehr zur Zeitenwende und der aktuellen Zeitqualität 2020 / 2021 in meinem neuen Blog:

https://marialiebig.de/blog

Ein Gedanke zu „Wertewandel in der Zeitenwende – Wandlungsfähigkeit ist gefragt

  1. Liebe Maria, danke für deinen Text und deine tiefen Gedanken. Sie erinnern mich an eine kleine Geschichte von Bertolt Brecht, die mich schon seit Jahrzehnten begleitet und zum Nachdenken anregt:

    Ein Mann, der Herrn K. lange nicht gesehen hatte, begrüßte ihn mit den Worten: „Sie haben sich gar nicht verändert.“ „Oh!“, sagte Herr K. und erbleichte.

    Wie traurig, wenn ich mich nicht verändere und wandle. Und wie schade. Und gleichzeitig ist es für mich immer wieder wichtig, „meinen Platz zu finden“ und „anzukommen“, aber nicht, um mich dort für immer einzurichten und starr zu bleiben, sondern um von da aus neu aufzubrechen, in eine Welt, die immer wieder neu und so wunderbar, vielfältig und aufregend ist, dass ich nur staunen und danken kann. Das ist Leben in all seiner Fülle und Vielfalt, meine ich.

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